Schulberg

Über Oberkiesdorf und Niederkiesdorf ist schon ausgedehnt berichtet worden.

Die beiden Dörfer endeten vor hunderten von Jahren jeweils an der Gaule, das Oberdorf dort, wo später die ZBO (Zentrale Bauorganisation, heute Gewerbegebiet Dorfstraße 44) errichtet wurde, das Niederdorf am viel später gebauten Düngerschuppen.

Es gab hier weder Brücken noch die heute bekannte Dorfstraße. Zwischen den genannten Punkten lag eine Erhebung, mehr oder weniger bewaldet, auf der Landkarte als Lindelberg bezeichnet. An seinem Fuße zur Gaule hin, muss es recht sumpfig gewesen sein. Nur eine Furt durch die Gaule, etwa in Nähe der heutigen Brücke am Düngerschuppen, könnte einen Übergang bedeutet haben.

Der damit verbundene Weg dürfte vom Niederdorf her kommend, durch den Grund und schließlich zum Lehngut, dem Sitz des Ortsrichters für beide Kiesdörfer, geführt haben. Dieser Weg könnte durchaus auch für Fuhrwerke benutzbar gewesen sein. Damit wäre eine Verbindung zwischen den beiden Dörfern gegeben. Der von mir früher vermutete Fahrweg vom Lehngut her außen um den Grund herum und bei Schönfelders Gut herab ins Niederdorf führend, bleibt wohl doch mehr eine Vermutung. Es will sich nicht so Recht eine Wegeverbindung vom Ober- zum Niederdorf hinter dem Grund finden lassen.

Einziges Bauobjekt auf dem Gelände zwischen Ober- und Niederkiesdorf dürfte eine Torfscheune gewesen sein, die am rechten Gauleufer gelegen hat, vom Lehngut her zugänglich war und damit zum Oberdorf gehörte. (Quelle: Ortsbrandversicherungskataster von 1864) Bedeutsame politische Ereignisse zu Beginn des 19. Jahrhunderts ebneten den Weg zum Zusammenwachsen der beiden Kiesdörfer. Nach Napoleons Sieg bei Jena 1806 wurden Sachsen und Preußen zunächst völlig getrennt. Der sächsische Kurfürst musste die Königswürde annehmen. Sachsen gelangte in Napoleons Gefolgschaft. Die Befreiungskriege folgten und forderten viele Opfer.

Der Wiener Kongress 1815 legte neue Grenzen fest. Das hatte für Sachsen unangenehme Folgen. Der Gebietsverlust war schmerzlich. Allein positiv blieben bürgerliche Errungenschaften. 1831 erhielt Sachsen eine Verfassung. 1832 erschien das Gesetz über die Ablösung und Aufhebung der Erbuntertänigkeit. 1838 trat die Sächsische Landgemeindeordnung in Kraft. Überaus fähige Staatsbeamte erreichten eine Gesundung der Staatsfinanzen. Infolgedessen muss es damals im Lande zu einem Aufbruch gekommen sein. Es folgten Jahre der Entwicklung, in deren Verlauf die beiden wirklich getrennten Kiesdörfer zusammenzuwachsen begannen. 1839 wurde (unter Beibehaltung eines Ober- und Niederkiesdorfer Gemeindeältesten!) ein Gesamtkiesdorfer Gemeinderat gewählt.

Etwa seit 1850 entstanden nun in Kiesdorf Brücken und Straßen, wie wir aus den alten Gemeindeakten erfahren. So wurde schließlich durch Brücken und eine Straße der Lindelberg erschlossen, gewissermaßen ein Bindeglied zwischen Ober- und Niederkiesdorf bildend. Es konnte nun fast ein dritter Kiesdorfer Ortsteil entstehen. Soweit ließ es aber der Gesamtkiesdorfer Gemeinderat verwaltungsmäßig nicht kommen. Er ordnete die nördliche Hälfte des Lindelberges dem Niederdorfe zu, die andere Hälfte dem Oberdorfe. (Trennungslinie etwa dort, wo heute am Kulturzentrum die Straße von der Dorfstraße abzweigt). Abgesehen von der Torfscheune, die um diese Zeit ihre Bedeutung verlor, dürfte den Anfang der Wohnbesiedlung des Lindelberges das Haus Dorfstraße 51 gemacht haben. Heutiger Eigentümer ist Fam. Wieland, zuvor war es Walter Jäckel.

Das Haus erscheint erstmals 1864 im Brandkataster der Gemeinde Kiesdorf als Landwirtschaft mit dem Eigentümer Carl Ernst Gotthans. Um 1880 war das Anwesen in der Hand von Johann Gottlob Krause. Als weiteres Anwesen dürfte damals das Haus Dorfstraße 55 entstanden sein. Es wird auch 1864 erwähnt mit der Eigentümerin Johanne Christiane verehelichte Seidel. (Spätere Eigentümer Fam. Wolf und G. Jagusch). Auf der Oberdorfer Seite ist zur damaligen Zeit (1864, 1878) nur eine Baustelle erwähnt. Eigentümer war das Kloster St. Marienstern. 1870 bauten die Kiesdorfer fast auf der Trennungslinie (geologische Verhältnisse beachtend) ihre Vereinsschule, die 1871 eingeweiht wurde. Von nun an muss der Lindelberg im örtlichen Sprachgebrauch den Namen Schulberg angenommen haben.

Während der nächsten 75 Jahre erfolgte keine weitere Bebauung des Schulberges. Inzwischen ereigneten sich 2 Weltkriege. Erst 1946 wurde das oben erwähnte Grundstück im Zuge der Bodenreform von A. Görges bebaut. Das Haus erhielt die Nr. 45, spätere Besitzer bzw. Eigentümer A. Exner, Gärtnerei, jetzt Fam. Prescher. Auch war hier die erste Kiesdorfer Kinderkrippe (1955) untergebracht. Daneben entstand eine zweite Neubauernstelle. Hier siedelte Fam. Heinz Ziesche. Das Haus erhielt die Nr. 46. Später wurde Fam. Rackel Eigentümer. Allmählich ergab sich eine weitere Besiedlung des Schulberges. 1966/67 entstand das schmucke Einfamilienhaus der Fam. W. Bronlik. Im Frühjahr 1973 begann der Eigenheimbau bei den Familien J. Döring, G. Diener, W. Piontek, im Sommer bei Fam. G. Schmidt. Ab 1974 errichteten wir uns in Kiesdorf das Kulturzentrum. Es erfolgten mehrmals Erweiterungen und Umbauten. 1988 wurde das Einfamilienhaus Menzel (Nr. 55a) fertig. Es ist auf Veranlassung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft der Tierproduktion gebaut worden. Ende April 1989 erfolgten erste Arbeiten zur Errichtung von 6 Doppelhäusern "Am Kulturzentrum". Bauherr war die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft der Pflanzenproduktion. Der Bau zog sich über die Wende hin. Danach wurden die Häuser verkauft. Käufer kamen aus der näheren Umgebung. Mit der Schließung der Schule im Sommer 1987 begann hier der Umbau zu Wohnungen. Dabei kooperierte die Gemeinde mit der LPG Pflanzenproduktion. Die 4 Wohneinheiten wurden auch erst nach der Wende fertig und in den 90er Jahren von der Gemeinde verkauft.

1991 errichtete Fam. B. Bronlik ein Eigenheim. Im Mai 1998 begann Fam. Prothmann mit dem Bau eines Wohnhauses (Nr. 48a). Im Aug. 1997 begann auch der Bau eines großen Wohnhauses durch Fam. Junge, Noch 1999 war ein Teil bezugsfertig.

Inzwischen hat der Schulberg die Lücke zwischen Oberdorf und Niederdorf restlos geschlossen. Heute wohnen hier insgesamt 28 Familien. Einwohnermäßig ist das jeder siebente Kiesdorfer. Und das Kulturzentrum in seinem neuen Gewand und mit seiner neuen Bewirtschaftung ist drauf und dran, ein wirklicher Dorfmittelpunkt zu werden.